Jugendstrafrecht
Das Wichtigste zuerst:
Die Welt wird nicht untergehen, auch nicht für die Betroffenen!
Wichtig ist es ruhig zu bleiben, die Situation ruhig und verständig zu betrachten und dann gemeinsam mit Eltern, Lehrern und einem Rechtsanwalt zu überlegen, was die richtigen Entscheidungen sind.
Dabei muss der Jugendliche im Mittelpunkt aller Interessen stehen. Nur mit ihm kann eine gute Lösung gefunden werden, gegen ihn läuft nichts bzw. wird nichts Gutes laufen können.
Wichtig zu wissen ist auch, dass das Jugendstrafrecht ein Verfahrensrecht ist und selbst nicht entscheidet, was strafbar ist. Es soll die Jugendlichen führen und zum richtigen Handeln anleiten. Daher sollten damit nur Personen befasst werden, die die Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) auch beherrschen.
Je nachdem, was für Dich wichtig ist:
Jugendstrafrecht – was Eltern wissen sollten
Informationen für Familien mit und ohne Migrationshintergrund
Wenn ein junger Mensch mit dem Gesetz in Konflikt gerät, stehen Eltern oft unter Schock. Fragen tauchen auf: Was passiert jetzt? Welche Folgen hat das für die Zukunft meines Kindes? Besonders Eltern mit Migrationsgeschichte kennen die Abläufe des deutschen Rechtssystems oft nicht genau. Dieser Text erklärt verständlich, was das Jugendstrafrecht ist, wie es funktioniert und was Eltern wissen sollten.
Was ist das Jugendstrafrecht?
Das Jugendstrafrecht ist ein besonderer Teil des Strafrechts in Deutschland. Es gilt für:
- Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren
- Heranwachsende im Alter von 18 bis 20 Jahren, wenn sie zur Tatzeit noch nicht die Reife eines Erwachsenen hatten
Wichtig zu wissen: Kinder unter 14 Jahren sind in Deutschland nicht strafmündig. Das heißt, sie können nicht strafrechtlich verfolgt werden.
Dabei gibt das Jugendstrafrecht nicht die einzelnen Delikte (Straftaten) vor. Es ist vielmehr ein Verfahrensrecht, das die Besonderheiten im Umgang mit Jugendlichen und Heranwachsenden berücksichtigt.
Ziel: Erziehen, nicht bestrafen
Im Jugendstrafrecht geht es nicht in erster Linie um Strafe, sondern um Erziehung. Das Ziel ist es, jungen Menschen zu helfen, ihr Verhalten zu ändern und zukünftig keine Straftaten mehr zu begehen. Das Gericht fragt daher nicht nur: „Was wurde getan?“, sondern vor allem:
„Warum wurde es getan – und was hilft, damit es nicht wieder passiert?“
Dabei wird besonders auf die persönliche Situation des Jugendlichen geachtet: Familie, Schule, Freunde, mögliche Probleme oder schwierige Lebenslagen.
Typische Straftaten von Jugendlichen
Jugendliche begehen eine Vielzahl von Straftaten, wobei sich bestimmte Deliktsarten als besonders häufig herausstellen. Die wichtigsten und typischen Straftaten sind:
- Körperverletzungsdelikte
Körperverletzungen sind die am häufigsten von Jugendlichen begangenen Straftaten. Hierzu zählen einfache und gefährliche Körperverletzungen sowie Delikte wie Raub, bei denen Gewalt gegen Personen angewendet wird. - Eigentums- und Vermögensdelikte
Dazu gehören insbesondere Ladendiebstahl, Diebstahl allgemein, Sachbeschädigung und Raub. Eigentumskriminalität wie Ladendiebstahl und Sachbeschädigung ist unter Jugendlichen besonders verbreitet. - Beleidigung und Nötigung
Beleidigungen, Nötigungen und Erpressungen treten häufig im schulischen Umfeld auf. Auch Mobbing und Bullying, zunehmend über das Internet (Cybermobbing), sind typische jugendspezifische Erscheinungsformen. - Straftaten im Zusammenhang mit modernen Medien
Jugendliche nutzen moderne Kommunikationstechnologien vermehrt zur Begehung von Straftaten wie Cybermobbing, Beleidigung im Internet oder Erpressung mittels digitaler Medien. - Rauschgiftdelikte
Mit zunehmendem Alter (vor allem bei Heranwachsenden) steigt die Bedeutung von Delikten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, wie Besitz, Erwerb oder Handel mit Drogen. - Straftaten gegen das Waffengesetz
Auch Verstöße gegen das Waffengesetz werden von Jugendlichen begangen, wobei die Fallzahlen in den letzten Jahren leicht gestiegen sind. - Schwere Gewaltstraftaten
Schwerwiegende Delikte wie Raub, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Totschlag oder Mord kommen vor, machen aber nur einen kleinen Teil der gesamten Jugendkriminalität aus.
Besonderheiten
- Die Mehrheit der jugendlichen Straftäter ist männlich.
- Gewaltkriminalität unter Jugendlichen hat in den letzten Jahren wieder zugenommen, insbesondere nach der Pandemie.
- Ein kleiner Anteil der Jugendlichen (Mehrfach- und Intensivtäter) ist für einen Großteil der Straftaten in dieser Altersgruppe verantwortlich.
Zusammenfassung der häufigsten Delikte
Delikt | Beispiele |
Körperverletzung | Einfache & gefährliche Körperverletzung, Raub |
Eigentumsdelikte | Diebstahl, Ladendiebstahl, Sachbeschädigung |
Beleidigung/Nötigung/Erpressung | Mobbing, Cybermobbing, Bullying |
Rauschgiftdelikte | Besitz, Erwerb, Handel mit Betäubungsmitteln |
Verstöße gegen das Waffengesetz | Unerlaubter Waffenbesitz |
Schwere Gewaltstraftaten | Raub, schwere KV, Vergewaltigung, Totschlag, Mord |
Welche Maßnahmen gibt es?
Das Jugendgericht kann verschiedene Maßnahmen anordnen. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen:
1. Erziehungsmaßregeln
Diese sollen helfen, die Entwicklung des Jugendlichen positiv zu beeinflussen.
Beispiele:
- Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs (z. B. Anti-Gewalt-Kurs)
- Gespräche mit einer Jugendhilfe-Einrichtung
- Schul- oder Ausbildungsmaßnahmen
2. Zuchtmittel
Diese Maßnahmen zeigen dem Jugendlichen: „Dein Verhalten hat Folgen.“ Sie sind spürbar, aber nicht dauerhaft belastend.
Beispiele:
- Verwarnung durch das Gericht
- Arbeitsauflagen, z. B. gemeinnützige Arbeit (etwa Müllsammeln oder Hilfe im Altersheim)
- Jugendarrest, also kurzzeitige Freiheitsentziehung (meist ein Wochenende in einer Jugendarrestanstalt)
3. Jugendstrafe
Dies ist die strengste Form und kommt nur bei schweren Straftaten oder mehrfachen Wiederholungen zum Einsatz, wenn bei dem Jugendlichen sogenannte schädliche Neigungen vorliegen. Es handelt sich dabei um tiefgreifende, in der Persönlichkeit des Jugendlichen verwurzelte Problematiken, die ihn dazu prädisponieren, erneut straffällig zu werden. Diese Mängel können sich etwa durch wiederholtes aggressives Verhalten, mangelnde Impulskontrolle, Suchtverhalten oder gravierende Sozialisationsdefizite äußern. Die Jugendstrafe bedeutet Freiheitsentzug (Haft) von mindestens sechs Monaten.
Was können Eltern tun?
Eltern spielen eine zentrale Rolle im Jugendstrafverfahren. Sie sollten:
- Mit ihrem Kind im Gespräch bleiben und es nicht allein lassen
- Kooperieren mit Polizei, Gericht und Jugendhilfe
- Frühzeitig eine rechtliche Beratung (z. B. durch einen Strafverteidigerin) in Anspruch nehmen
- Sich bei Bedarf auch sozialpädagogische Hilfe holen – etwa durch Jugendämter oder Migrantenberatungsstellen
Wichtig ist: Ein Strafverfahren bedeutet nicht das Ende für die Zukunft Ihres Kindes. Viele Jugendliche begehen einmal einen Fehler und finden danach zurück in ein gutes, selbstbestimmtes Leben – besonders, wenn die Familie sie unterstützt.
Warum ist das Jugendstrafrecht sinnvoll?
Jugendliche handeln oft spontan, ohne über die Folgen nachzudenken. Manche werden unter Gruppendruck zu etwas verleitet. Andere erleben familiäre oder schulische Probleme und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Das Jugendstrafrecht nimmt diese Umstände ernst. Es will nicht nur sagen: „Das war falsch“, sondern auch fragen: „Was braucht dieser junge Mensch, um sein Leben besser zu gestalten?“
Fazit
Das Jugendstrafrecht in Deutschland bietet jungen Menschen eine zweite Chance. Es stellt klare Regeln auf, will aber vor allem helfen, statt nur zu bestrafen. Für Eltern – ganz gleich, woher sie kommen – ist es wichtig, ruhig zu bleiben, Verantwortung zu übernehmen und Unterstützung zu suchen. Gemeinsam mit Anwälten, Beratungsstellen und dem Gericht kann ein Weg gefunden werden, der Ihrem Kind hilft, aus dem Fehler zu lernen und gestärkt daraus hervorzugehen.