Verkehrsrecht im Fokus: Die Rolle der Fußgängerampel beim Verlassen eines Parkplatzes

Das Verkehrsrecht ist geprägt von einer Vielzahl von Regelungen und Vorschriften, die das Zusammenleben der Verkehrsteilnehmer auf den Straßen sicherstellen sollen. Doch trotz vermeintlich klarer Gesetzestexte gibt es immer wieder Situationen, die rechtliche Interpretationen erfordern. Ein solcher Fall, in dem die Interaktion zwischen einem roten Licht einer Fußgängerampel und dem Verhalten eines aus einem Parkplatz ausfahrenden Fahrzeugs im Mittelpunkt steht, wurde vor einiger Zeit vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht behandelt (Urteil vom 14.02.2023, Aktenzeichen 7 U 63/22).

Die zentralen Erkenntnisse des Urteils:

  • Fahrer, die von einem Parkplatz auf eine Straße einfahren, sind an die erhöhten Sorgfaltspflichten des § 10 StVO gebunden. Dies gilt auch dann, wenn in unmittelbarer Nähe eine Fußgängerampel Rotlicht zeigt.
  • Eine Fußgängerampel hat primär den Zweck, den Fußgängerverkehr zu schützen. Sie regelt nicht den Verkehr, der von einem Parkplatz ein- oder ausfährt.

Der Fall

Ein PKW-Fahrer, der gerade seinen Einkauf in einem Supermarkt abgeschlossen hatte, verließ den Parkplatz, um auf die angrenzende Straße zu fahren. Während dieses Manövers kollidierte er mit einem anderen Fahrzeug, das sich bereits auf der Straße befand.

Ein besonderes Merkmal dieses Unfallortes war eine Ampel an einem Fußgängerüberweg, die zum Zeitpunkt des Vorfalls Rotlicht für den fließenden Verkehr zeigte. Der PKW-Fahrer, der den Parkplatz verließ, war der Ansicht, dass der andere Fahrer durch das Ignorieren des roten Ampellichts den Unfall verursacht hätte. Er argumentierte, dass das rote Licht der Ampel ein eindeutiges Signal für den anderen Fahrer gewesen sei, anzuhalten. Aufgrund dieser Annahme fuhr er von dem Grundstück in den fließenden Verkehr ein und forderte Schadensersatz für die entstandenen Schäden an seinem Fahrzeug.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts und ihre Begründung:

Nachdem der Kläger Berufung eingelegt hatte, bekräftigte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die vorherige Entscheidung des Landgerichts Lübeck und untermauerte seine Urteilsfindung mit einer detaillierten Erklärung. Das Gericht betonte insbesondere den Umstand, dass eine Fußgängerampel ausschließlich den Fußgängerverkehr schützt und nicht dazu dient, den ein- und ausfahrenden Verkehr von einem Parkplatz zu regeln. Daraus folgt, dass ein Fahrer, der von einem Parkplatz auf die Straße einfährt, auch dann nicht von den erhöhten Sorgfaltspflichten des § 10 StVO befreit ist, wenn die Fußgängerampel für den fließenden Verkehr Rot anzeigt.

Fazit

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone, aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, muss sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, auch wenn für diese vermeintlich eine Ampel rot zeigt.

Wenn Sie weitere Fragen zum Verkehrsrecht oder zu anderen rechtlichen Themen haben, steht unser erfahrenes Team Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14.02.2023, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.