Jagd und Wildbret sind keine Nebentätigkeit – Bundesverwaltungsgericht schützt Soldatenrechte – Wehrrecht

Ein Oberst, seine Jagd und ein jahrelanger Rechtsstreit:

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 25. Juni 2025 (Az. 2 WDB 1.25) eine disziplinarrechtlich brisante Frage entschieden. Im Zentrum stand die Frage: Darf ein Soldat selbst erlegtes Wildbret gelegentlich an Kameraden abgeben, ohne dass dies als genehmigungspflichtige Nebentätigkeit gilt?

Der Fall

Der betroffene Oberst, zugleich schwerbehindert und Mitglied des örtlichen Personalrats, hatte in den Jahren 2019 und 2020 Wild aus eigener Jagd zerlegt, vakuumiert und in der Kaserne gegen einen geringen Unkostenbeitrag weitergegeben. Nach Auffassung seines Kommandeurs handelte es sich um eine verbotene Nebentätigkeit und um einen Verstoß gegen die Allgemeine Regelung A-2100/19 („Handel und Gewerbeausübung“). Zwar verhängte man wegen abgelaufener Fristen keine Disziplinarmaßnahme, sondern erließ eine Absehensverfügung unter Feststellung eines Dienstvergehens – ein schwerwiegender Makel für die Personalakte.

Der Soldat wehrte sich. Er verwies darauf, dass Jagd zur Urproduktion gehöre, das Finanzamt seine Tätigkeit als „Liebhaberei“ einordne und er niemals Gewinn erzielt habe. Außerdem habe die Bundeswehrleitung seit Jahren von seiner Jagdpacht gewusst.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Bundesverwaltungsgericht gab ihm nun recht und stellte die Rechtswidrigkeit der Feststellungen klar:

  1. Keine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit
    Jagd sei in erster Linie eine Freizeitbeschäftigung. Solange kein Erwerbscharakter vorliege, könne sie nicht als genehmigungspflichtige Nebentätigkeit eingeordnet werden. Maßgeblich sei, ob Gewinnerzielungsabsicht und wirtschaftliche Bedeutung vorlägen – beides verneinte das Gericht.
  1. Keine Verletzung von Dienstpflichten
    Auch das Verbot von Warenverkäufen in Bundeswehrliegenschaften greife nicht. Verwaltungsvorschriften müssten eindeutig sein, bevor sie einen disziplinarischen Vorwurf rechtfertigen. Hier sei nicht klar, dass private, nicht gewerbliche Verkäufe darunterfallen.
  1. Formelle Fehler
    Die Schwerbehindertenvertretung sei entgegen § 178 SGB IX nicht beteiligt worden. Dies allein mache die Maßnahme rechtswidrig.

Signalwirkung für Soldaten

Das Urteil reiht sich ein in eine Reihe jüngster Entscheidungen, die deutlich machen:

Der Rechtsstaat setzt Grenzen gegen Übergriffigkeit der Verwaltung.

Ähnlich wie das Gericht jüngst beim Beförderungsverbot wegen angeblich unerlaubten Urlaubs KGSR vom 25.06.2025 oder bei der geheim gehaltenen BAMAD-Berichterstattung KGSR vom 26.06.2025 zeigt auch dieser Fall:

Disziplinarmaßnahmen dürfen nicht willkürlich, sondern nur auf einer klaren Rechtsgrundlage erfolgen. Und schon gar nicht dürfen Soldatenrechte, etwa als Schwerbehinderter oder Personalratsmitglied, übergangen werden.

Besonders hervorzuheben ist der Aspekt der Urproduktion: Jagd, Fischerei, Imkerei oder Landwirtschaft fallen regelmäßig nicht unter den Gewerbebegriff. Wer aus Liebhaberei Wild, Honig oder Wein in kleinen Mengen abgibt, betreibt kein Geschäft – sondern übt ein Hobby aus. Das ist auch für viele Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst von hoher Relevanz.

Fazit und Praxistipp

Das BVerwG stärkt mit diesem Beschluss die Rechte von Soldatinnen und Soldaten:

  • Freizeit bleibt Freizeit. Nicht jede entgeltliche Abgabe wird zur Nebentätigkeit.
  • Rechtsklarheit ist Pflicht. Vorgesetzte dürfen Verwaltungsvorschriften nicht beliebig ausdehnen.
  • Verfahrensrechte zählen. Schwerbehindertenvertretungen müssen beteiligt werden.

Wer in eine ähnliche Situation gerät – sei es wegen angeblich unerlaubter Nebentätigkeit, unklarer Verwaltungsvorschriften oder wegen seiner Rolle als Personalratsmitglied – sollte frühzeitig juristischen Rat suchen. Schon ein vermeintlich „kleiner Verstoß“ kann disziplinarrechtlich erhebliche Folgen haben, bis hin zur Blockade von Beförderungen oder Einträgen in der Personalakte.


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